GASTRONOMIE MACHT IMPOTENT UND ENGSICHTIG... EINE LANGE GESCHICHTE ZUR ENTWICKLUNG DER AUSGEHKULTUR IN THUNESIEN... UND ANDERES, WAHRES AUS DER TASTATUR VON MC ANLIKER.... EIN EDITORIAL ZUM FESTIVAL AM SCHLUSS 09

 Es ist mir eine Ehre, wieder einmal einen Text in die Tasten meines schönen Power Mac`s hauen zu dürfen... Schreiben ist etwas sehr schönes, das man am besten jeden Tag macht, das hält das Hirn beweglich und ermöglicht der Tastatur des Computers die Abnützung die es braucht, damit Ich ab und zu, mit gutem Gewissen, ein neues noch chiceres, noch schlankeres Keyboard kaufen kann... Zwischendurch schiesse ich mir auch selber eine Tastatur ab, weil z.B. der Lappen mit dem ich die weissen Tasten putzen will, einfach ein wenig zu nass ist und dann plötzlich 5 Tasten nicht mehr funktionieren... K.O. !!! Da ist dann auch mit dem Föhn nichts mehr zu machen, selbst im Backofen bei 44 Grad Umluft kommt nichts mehr... Scheisse.. Noch besser war ich vor zwei Wochen... die Tastatur putzen und sie nicht ausstecken dazu.. so dumm kann ein Mensch sein...
Alle meine Mails waren verschwunden, das ganze Programm war leer und ich hatte definitiv ein Problem... brauchte meinen Compi-Supporter, der wiederum brauchte Stunden um via Time Machine die wichtigsten Mails fürs Festival AM SCHLUSS 09 zurück zu holen... das alles nur weil ich wieder einmal eine saubere Tastatur haben wollte... Hey ä huere Neanderthaler.. dä Anliker....

 Ja eben, das FESTIVAL AM SCHLUSS 09, darüber wollte ich eigentlich schreiben.. aber da die Tastatur schon wieder so grau-braun ist, bin ich abgeschweift... Also, natürlich ist die Tastatur von den vielen Mails für das Festival, von der ganzen digitalen Datenflut, der Bildbearbeitung, den Soundfiles, die man für die Website WWW.AMSCHLUSS.CH bearbeiten muss, so geworden. Das ganze Administrative eines Anlasses ist heute ein Vielfaches von dem, was es Früher war... Ich arbeite heute auch viel mehr als Früher.. damals, vor 20 Jahren, machten wir vom 15. Juni bis zum 15. Oktober im Club Sommerpause..!!!! Klar machten wir dann noch ein fettes Sommerfestival, über das ich weiter hinten im Text noch berichte, aber trotzdem.. wir nahmen viel mehr Stimorol, hatten besseren Sex und lachten mehr als heute. Eine Veranstaltung heisst heute ein Event und Veranstalter nennt man Promotors und das ganze ist heute ein grosses Geschäft, wo es um viel Geld geht, aber ganz klar weniger Spass macht als eben vor 25-20 Jahren, wo wir uns eins sahen mit den Leuten, die unsere Anlässe besuchten.. Hey mached än Chreis... Es gab damals noch fast keine gute Kultur im Sommer und das, was es gab, war eben diese Hippie Geschichte...

 Das Folk Festival Lenzburg-Gurten 1977, die Mutter des Gurtenfestivals, war ein Anlass mit einem Tanzboden von 16x8 Metern als Bühne, ohne Dach, versteht sich... Der Eintritt war so, dass man an einem Tisch bei 3 Hippies das Billet kaufen konnte, Zäune gab es keine und der älteste Broncco war damals knapp in der Sonntagschule... dafür gab es Demeter Quarkschnitten mit geraffelten Rüebli drauf und das ganze Festival Publikum fühlte sich als Familie und tanzte auf der grünen Wiese Ringelreihe.... unvorstellbar... Man konnte auch einfach irgendwo in der Wiese sitzen und sein Flash von Roten Libanesen, dem frischen.., würzigen..., geniessen und in Gedanken Weit weg schweifen, ohne dass einem irgend jemand daran gehindert hätte... Es war eine andere Zeit damals, die Wirtschaft hatte uns noch nicht so flach geschliffen, es war noch nicht diese Hektik, wie wir sie heute haben, wir waren weniger korumpier- und formbar, weil wir weniger hatten und somit auch weniger zu verlieren hatten, wir mussten uns nicht so zuplanen und waren dadurch wohl etwas freier oder hatten zumindest dieses Gefühl.

 Also Leute, nun sprechen wir wieder von heute..........

 Letztendlich ist unser Festival auch nur ein Event mehr im inflationären Ablenkungs-Angebot unserer überdrehten Gesellschaft, die mit Ruhe nicht mehr umgehen kann, es sei denn die Ruhe kostet viel Geld, das heisst dann aber Wellness oder so. Eigentlich darf man sich und sein t(h)un nicht zu wichtig nehmen, was leichter gesagt als getan ist. Ein schöner, Qualitativ hoch stehender Anlass  braucht Herzblut, Zweifel, Mut und viel Geduld, sehr viel Geduld. Es ist ein Monatelanger Prozess zwischen Euphorie und Depression den man schlecht vermitteln kann und somit halt weit gehend mit sich und in sich austragen muss. Es ist aber auch immer die Infragestellung des One- Man-Show Arbeitsstiles, mit dem das Festival von mir geplant wird..... Manchmal verfluche ich diese Arbeitsart, ganz sicher aber dann, wenn es nicht vorwärts geht oder ich mutlos bin und den Glauben an mein t(h)un nicht aufbringe, also mental schwach bin. Die Alternative zum Diktator Stil ist Gruppenarbeit, Teamarbeit mit Plenum, Sitzungen und vielen internen Mails und dem entsprechenden Leerlauf, aber dafür ist das Festival definitiv zu klein und ich wohl auch die falsche Person.

 Es ist im Fall die Grosse Kunst, über all die Jahre dem Druck zum Grösser werden standzuhalten und bewusst klein zu bleiben. Immer ein wenig mehr ist Norm und zurück kann man kaum mehr... Sind einmal die Bäume beleuchtet, kommen im nächsten Jahr die Pflanzen dazu, ein weiteres Jahr später muss man noch die Hausfassaden ausleuchten, denn schliesslich sehen wir die fettesten Events mit Millionen Budgets täglich im Fernsehen und das ist dann der Standart. Auch die Musiker und da vor allem ihre Agenten, haben einen Festivalraster, so eine 08/15 Schiene, im Kopf. Wenn ich mit unserem beschränkten Budget im Rücken mit einer Agentur über den Auftritt einer Band AM SCHLUSS verhandle, ist mit dem Wort FESTIVAL  normalerweise die Gage schon 1000.-€ höher... Festivalzeit ist Zahltag für die Branche und das gilt für die Schweiz ganz speziell, denn hier werden normalerweise Gagen bezahlt, wie nirgendwo sonst und Schweizer Festivals sind sicher liebevoller veranstaltet als andere Europäische..... Ein Blumenstrauss in der Garderobe, eine Platte mit Schokolade, kalte Wassermelonen... easy, und nüchternes Personal, meistens sehr freundlich und kompetent, schöne Hotelzimmer und eine gute Tonanlage, Swissness.. dafür werden wir geliebt... und das bei mehr Gage als in Holland, Deutschland, Belgien oder England. Nid Schlächt oder...??!!

 Gerüchte, wonach wir dieses Jahr fast 3 Quadratmeter mehr Platz für unser Festival haben, kann ich hier offiziell bestätigen... Die Stadt Thun weiss seit den Grosserfolgen der Fasnacht und des Drehorgelfestivals, dass Kultur auch etwas Platz braucht.... auch wenn wir nicht 30'000 Besucher /innen, pro Konzert zählen wie die Heavy Metal Orgeln neulich oder gar 120'000 wie die Fasnacht
jeweils im Januar. Die Berichte über diese Topanlässe mit den Phantasiezahlen von 30'000 Besucher/innen oder mehr, gelten als meine Liebsten im THUNER TAGBLATT „Die vo hie..“ das auch diese Jahr unser Medienpartner ist. Die Fotos mit ein paar wenig Gelangweilten Menschen darauf, liefern dann noch den Beweis zu den Zahlen, köstlich und vor allem wenn die Berichte von Verena Holzer geschrieben sind.

 In den 80 ziger Jahren war das mit den Platzverhältnissen und dem Festival genau umgekehrt. Beim Stadt-Sommer-Festival BAR MOKKA WAISENHAUS, das von 1985-1994 genau 9 Mal auf dem Parkplatz hinter dem Waisenhaus stattfand und einiges an Beton-Strukturen in dieser Stadt wegsprengte, begannen wir mit, grosszügig bewilligten 4 Parkfeldern, die wir der Stadt abmieten mussten... Wir parkierten also ein Festival und andere daneben ihren Volvo oder Opel Kadett....
Über all die Jahre eroberten wir dann den ganzen Platz und bespielten ihn während drei Wochen, jeweils ab Mitte August, mit Musik, Film, politischen Inhalten und einer grossen Gastronomie, die im Spitzenjahr 1992 in 16 Tagen 160`000.- Fr. umsetzte, dies mit meist nicht ganz nüchternen Amateur-Personal, das gratis arbeitete... unvorstellbar in der heutigen Zeit der Geld Maximierung.
Damals gab es aber fast nichts an kulturellen Angeboten in der Garnison-Stadt Thun, der Eintritt war auch dort frei und BAR MOKKA WAISENHAUS war <das> Hippie Festival, wo sich alle, die berauschende Substanzen zu sich nahmen, aus dem ganzen Berner Oberland und der Region Thun trafen. Your Daddy was allways Stoned.. uhh..uhh..uhhh...

 Wir waren die Nestbeschmutzer, die Jugendverderber, der Alptraum einer jeder Schwiegermutter, aber wir waren eben auch gut in dem was wir machten ( Sex, Drugs & Rock`n`Roll....) und vor allem machten wir etwas..... zudem hatten wir Visionen und Fantasie. Das FESTIVAL AM SCHLUSS heisst im übrigen so, weil am Schluss immer noch die da sind, die am Anfang auch schon da waren. Es war natürlich alles andere als lustig über diese lange Zeit alle diese Hänger, Penner und Ausgeschwemmten einer ganzen Region, die die Gastronomie, das Grundangebot des Festivals besetzten, zu ertragen und dann noch mit dem Abendpublikum, das an die Konzerte oder Filme kam, zusammen zu bringen....

 Ich zumindest hatte nach 1994 keine Lust mehr auf Hippies.. Mein Motto: WOODSTOCK WAR SCHEISSE! ist definitiv aus diesen Erfahrungen entstanden. Die letzte Ausgabe BAR MOKKA WAISENHAUS 1994, setzte mit einem Europameisterschafts-Boxkampf im Leichtgewicht und anderen, für uns zu teuren Gadgets, über 45`000.- Fr. in den Sand.... Ein Dankeschön gab es nicht und somit war dieses Festival Geschichte. Was blieb war das einprägsame Mokka Logo, das wir auf das Festival 94 hin mit dem Grafiker Thomas Müller kreiert haben und die riesige Erfahrung, die wir uns in all den Jahren in der Pionierrolle angeeignet haben.... Wir bauten uns mit dem letzten Geld, das wir übrig hatten die heisse Kellerbar mit dem Artwork von M.S. Bastian, die heute, 15 Jahre nach der Eröffnung immer noch so schön ist wie damals, machten dann über die Jahre unser Clubprogramm mit über 170 Liveshows im Jahr und das Sommerprogramm MOKKA SUMMERDANCE und schrieben damit Kulturgeschichte.... und so verging die Zeit... Ja so vergeht die Zeit.....!!!!

 Als wir dann 2003, nach viel Kickass von aussen, mit dem Festival IM FLUSS wieder in der Innenstadt andockten, hatten wir einen ganzen Mühleplatz für uns, die Bühne auf der Aare und einen ansehnlichen Betrag aus dem Kulturkässeli der Stadt, zudem noch ein ganzes Gebäude mit viel Lagerraum und allem, was man sonst braucht zum Veranstalten. Das Programm war so..so..la..la.. nicht ganz schlecht, aber sicher nicht der Börner.. wir haben aber einen richtig guten Job gemacht und ein Sommerfestival installiert, das heute zum Sommer gehört wie die Gummistiefel auf den Gurten. An die Entwicklung des heutigen Festivals könnt ihr euch sicher noch erinnern, es ist ja noch nicht so lange her. Es gab 2004 ein zweites Festival IM FLUSS, dann der Rausschmiss aus dem IM FLUSS Konzept, dann die Umbenennung zu AM SCHLUSS, 2005 + 2006 war die Bühne im Baumann Gebäude, sehr cool.. 2007 + 2008 steht dann die Bühne hinter dem Riesenrad... die Gastro-Szene Thun hat den Mühleplatz nun im festen Würgegriff... Diese Entwicklung ist im organisatorischen Bereich ganz klar eine Retourgeschichte.. jedes Jahr weniger Platz, kaum Infrastruktur-Möglichkeiten und jedes Jahr weniger Geld aus der Kulturschatulle... diese Jahr noch genau die Hälfte des Betrages von 2003... nur das Programm ist seit 2004 wirklich immer sehr gut.

 Aber, was auch immer war und was auch noch sein wird, spielt am Donnerstag 23. Juli 2009 um 20 Uhr keine Rolle mehr. An diesem Abend starten wir mit dem Festival 2009 und machen alles, damit die 11 Konzerte ein Erfolg werden, leben also nur noch die Gegenwart, was genug Arbeit für unser kleines Team ergibt. Von euch erwarten wir zahlreiches Erscheinen, wünschen euch eine gute Zeit bei uns. Geniesst das angebotene Programm, das wir aus Perlen  und unbekannten Edelsteinen zusammen gestellt haben.. für euch..  Als Gegenleistung legt ihr eure Spende in unserer Netze die von den Sammlerinnen an euch vorbei getragen werden....

 Auf ein erfolgreiches Festival AM SCHLUSS 2009 heben wir die Wasserflasche, nehmen den Ballast aus der Tasche und schmücken uns mit den Schweisstropfen des nun regierenden Sommers.......

 

LIEBE GRÜSSE AUS DER KLEINEN STADT AM RANDE DER GROSSEN ALPEN, SCHICKT EUCH EUER :

MC ANLIKER
PLATZWART FESTIVAL AM SCHLUSS 09